Samstag, 24. September 2022

Hölderlins Studienjahre im Tübinger Stift

Hölderlin im Tübinger Stift

Hölderlins Studienjahre im Tübinger Stift, der führenden Landesuniversität des Landes Württemberg, in welcher die angehende Elite ausgebildet wurde.

Im Tübinger Stift stieß zu Hölderlin und Hegel der erst 15-jährige Schelling. Schelling kannte Hölderlin schon von der Lateinschule. Die Freunde versuchten, dem Abgschlossensein wenigstens geistig zu entfliehen. Hegel zeigte sich von Rousseaus »Contrat social« beeidnruckt, Schelling beschäfigte sich eingehend mit Kant und Hölderlin entdeckte Leibniz..

Eigentlich bestimmt zu einer theologischen Laufbahn, kämpfte er verzweifelt dagegen an und versuchte sich als Schriftsteller und in verschiedenen Anstellungen als Hauslehrer eine unabhängige berufliche Existenz zu schaffen. Der elf Jahre ältere Schiller hat Hölderlin gefördert.



Die Jahre der eigentlichen, engen Gemeinsamkeit zwischen Hölderlin, Hegel und Schelling begannen im Herbst 1790 und endeten im Herbst 1793. Die Freundschaft zwischen Hölderlin und Hegel wurde bis um die Jahr-hundertwende weitergeführt, die Freundschaft zwischen Hölderlin und Schelling wich wohl bald einer distanzierten, sehr seriösen gegenseitigen Hochachtung.



Friedrich Hölderlin, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, war glühender Republikaner, für den die Französische Revolution, die er mit 19 erlebte, ein Erweckungserlebnis war, das für sein ganzes Leben bestimmend blieb.

Die durch das Datum der Französischen Revolution entfachte Begeisterung klingt bei Hölderlin zunächst so wieder: "Ich glaube an eine künftige Revolution der Gesinnungen und Vorstellungsarten, die alles bisherige schaamroth machen wird." (Brief an J.G. Ebel vom 10. Jan. 1797). Knapp drei Jahre später folgt die realgeschichtliche Ernüchterung auf dem Fuß. Im November 1799 spricht Hölderlin (wieder in einem Brief an Ebel) von "der allmächtigen alles beherrschenden Noth" und endet mit: "Glüklich sind wir dann, wenn uns noch eine andere Hofnung bleibt! Wie finden Sie denn die neue Generation, in der Welt, die Sie umgiebt?"

Samstag, 10. September 2022

Friedrich Hölderlin und seine Zeit


Um Hölderlin zu verstehen, begreift man ihn am besten als Kind seiner Zeit. Es war eine Zeit des Übergangs. Als die französischen Revolutionäre die Bastille stürmten, war Hölderlin 19 Jahre alt. Wie viele junge Deutsche schwärmte auch er von den Verheißungen der Freiheit. Doch die Begeisterung kippte bald in blankes Entsetzen. Die Französische Revolution mündete in eine Schreckensherrschaft – und schließlich im Krieg.

Das heutige Deutschland war damals zersplittert in mehr als 300 Kleinstaaten, zusammengehalten durch das »Heilige Römische Reich« unter österreichischer Führung, bis dieses unter dem Druck Napoleons zusammenbrach. 1806 besiegte Napoleon auch die preußische Armee und herrschte damit über praktisch
ganz Kontinentaleuropa.

Unter französischer Herrschaft erlebte Preußen eine Zeit liberaler Reformen, darunter die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Modernisierung des Bildungswesens. Doch nach Napoleons Niederlage zerschlugen sich die demokratischen Hoffnungen rasch: Der preußische König unterdrückte die Reformbestrebungen, die Restauration begann. Das war der konfliktreiche Hintergrund, vor dem Hegels Philosophie entstand.

In Deutschland herrschte zugleich eine geistige Aufbruchsstimmung. Man wandte sich dabei vor allem gegen das mechanistische Aufklärungsdenken, das den Menschen auf eine Art Maschine reduzierte. Auf der einen Seite forderten Romantiker wie Johann Gottfried Herder (1744–1803), den Menschen wieder als unteilbares Ganzes zu sehen, als Einheit von Körper und Geist, die im Einklang mit sich selbst und der Natur steht. Die andere Strömung propagierte die Idee der moralischen Freiheit.

Ihr Ausgangspunkt war die Ethik Immanuel Kants. Kraft seiner Vernunft hat der Mensch die
Freiheit, sich über seine natürlichen Neigungen und Triebe hinwegzusetzen und nach selbstgewählten Prinzipien zu handeln. Wir sind eben keine Maschinen, wie manche Aufklärer
dachten, sondern selbstbestimmte, rationale Wesen.