Samstag, 29. August 2020

Hölderlin-Orte (E)


Der Dichter Friedrich Hölderlin war unterwegs. Er wohnte in den ersten 36 Jahren seines Lebens an dreizehn verschiedenen Orten. Er unternahm große Wanderungen und reiste zu politischen Kongressen.

Die zweite Hälfte seines Lebens verbrachte er aber an einem Ort, dem heute als Hölderlinturm bekannten Wahrzeichen der Universitätsstadt Tübingen.


Lauffen am Neckar

Friedrich Hölderlin wurde als erstes Kind seiner Eltern am 20. März 1770 in Lauffen geboren.

Zahlreiche Aktivitäten und sehenswerte Punkte zum Dichter finden sich in der Stadt am Neckar.

Großvater und Vater des Dichters verwalteten den ehemaligen Klosterbesitz und wohnten im Amtshaus auf dem Klostergelände. 1970 wurde überraschend entdeckt, dass die Familie Hölderlin auch ein privates Haus besaß, das bis heute erhalten ist und nur geringfügig umgebaut wurde.

Dieses Haus wurde 2015 aus Privatbesitz von der Stadt Lauffen erworben. Es wird zur Zeit denkmalgerecht saniert und mit einer Dauerausstellung zum Dichter eingerichtet.

Am 20. März, dem 250. Geburtstag des Dichters, wird das Haus der Öffentlichkeit übergeben.

Der 2011 gegründete Hölderlin-Freundeskreis e. V. organisiert Veranstaltungen zu Hölderlin und seiner Zeit.




Weitere zahlreiche Aktivitäten werden das Jahr 2020 begleiten.

Lauffen am Neckar

Nürtingen

Tübingen

Denkendorf und Maulbronn

Waltershausen und Jena

Frankfurt

Kassel und Driburg

Homburg vor der Höhe

Stuttgart

Hauptwil und Bordeaux


Frankfurt

Er liebt (oder träumt zu lieben?) die Gemahlin eines Banciers in Frankfurt ("Susette Gontard" alias "Diotima"), in dessen Hause er als privater Hauslehrer arbeitet. Sie ist seiner idealisierenden Liebe nicht abgeneigt, verweigert jedoch aus bürgerlicher Sicherheitssucht die Scheidung. So wird er entlassen und muss am Ende bis nach Bordeaux gehen, um eine neue Anstellung zu finden.

Frankfurt


Samstag, 15. August 2020

Hölderlins Thüringischer Olymp


Nicht der Große Gleichberg, sondern in seinem Schatten der Kleine Gleichberg wurde 1794 vom Dichter Friedrich Hölderlin zum „thüringischen Olymp“ erhoben. Viele halten jedoch die etwas kleinere Bergspitze für die weitaus interessantere, nicht nur, weil diese Erhebung durch Friedrich Hölderlins Exkursion geadelt und zum thüringischen Olymp erhoben wurde.

Seine Verehrung Schillers zog ihn nach Jena. Dort hielt sich die Schloßherrin Charlotte von Kalb, geborene Marschalk von Ostheim (1761-1843) seit Monaten in Jena auf. Angeblich hatte sie Hölderlin dem Waltershäuser Schlosspersonal, Ehemann vermutlich inbegriffen, nicht angekündigt. Der Problematische, um das Missraten etwas abzuschwächen, sollte seinem Hofmeister „keine ruhige Stunde“ bereiten. Unter diesen Umständen, vor diesem Hintergrund ist Hölderlins Sonntagsexkursion vom 17. August 1794 auf den Kleinen Gleichberg als wohl viel eher erholsamer, beruhigender, ausgleichender Ausflug zu sehen.

In dem Brief vom 21. August 1794 aus Waltershausen berichtet er seinem Halbbruder Carl Christoph Friedrich Gock (1776-1849) davon:

»Lezten Sonntag war ich auf dem Gleichberge, der sich eine Stunde von Römhild über die weite Ebene erhebt. Ich hatte gegen Osten das Fichtelgebirge (an der Gränze von Franken und Böhmen), gegen Westen das Rhöngebirge, das die Gränze von Franken und Hessen, gegen Norden den Thüringer Wald, der die Gränze von Franken und Thüringen macht, gegen mein liebes Schwaben hinein, südwestlich, den Staigerwald zum Ende meines Horizonts.« 1

1 Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Bd. 6: Briefe/Text, 1. Hälfte 1, Stuttgart 1987, S. 132

Wanderung in der Thüringischen Rhön

Samstag, 8. August 2020

»Kindheit« von Friedrich Hölderlin


Da ich noch um deinen Schleier spielte,
Noch an dir wie eine Blüte hing,
Noch dein Herz in jedem Laute fühlte,
Der mein zärtlichbebend Herz umfing.
Da ich noch mit Glauben und mit Sehnen
Reich, wie du, vor deinem Bilde stand,
Deine Stelle noch für meine Tränen,
Eine Welt für meine Liebe fand;

Da zur Sonne noch mein Herz sich wandte,
Als vernähme seine Töne sie,
Und die Sterne seine Brüder nannte
Und den Frühling Gottes Melodie,
Da im Hauche, der den Hain bewegte,
Noch dein Geist, dein Geist der Freude sich
In des Herzens stiller Welle regte,
Da umfingen goldne Tage mich.

Tot ist nun, die mich erzog und stillte,
Tot ist nun die jugendliche Welt,
Diese Brust, die einst ein Himmel füllte,
Tot und dürftig wie ein Stoppelfeld;
Ach! es singt der Frühling meinen Sorgen
Noch, wie einst, ein freundlich tröstend Lied,
Aber hin ist meines Lebens Morgen,
Meines Herzens Frühling ist verblüht.

Ewig muß die liebste Liebe darben,
Was wir lieben, ist ein Schatten nur,
Da der Jugend goldne Träume starben,
Starb für mich die freundliche Natur;
Das erfuhrst du nicht in frohen Tagen,
Daß so ferne dir die Heimat liegt,
Armes Herz, du wirst sie nie erfragen,
Wenn dir nicht ein Traum von ihr genügt.


»Kindheit« von Friedrich Hölderlin

Samstag, 1. August 2020

»Patmos« Hymne von Friedrich Hölderlin


»Patmos« ist der Titel einer 1803 vollendeten Hymne von Friedrich Hölderlin. Der Erstdruck erfolgte 1808 im »Musenalmanach« von Leo von Seckendorff, gewidmet ist die Dichtung dem Landgrafen von Homburg. Das Gedicht ist nach der griechischen Insel Patmos benannt, die als Schöpfungsort der prophetischen Offenbarung des Johannes gilt.

Die ägäische Insel ist dem verfolgten Christen ein Zufluchtsort und kennzeichnet zugleich die apokalyptische Krisensituation. Bereits der Titel verweist so auf den esoterisch-eschatologischen Horizont des Textes, der ausgesprochen reich an verschlüsselten Zitaten und Anspielungen auf synthetisch miteinander verwobene biblische, christliche, griechische und lateinische Motive und Mythen ist.

Ähnlich den anderen Versdichtungen aus dem Spätwerk Hölderlins ist auch Patmos ein kühner Versuch der Deutung der Geschichte als fortgesetzter göttlicher Offenbarung. Sie ist Ausdruck des Scheiterns der frühromantischen politischen Träume, die nun in eine religiöse, geistige Sphäre sublimiert werden. Besonders nah steht die Hymne darin der Dichtung Der Einzige, aber auch den Gesängen Friedensfeier und Andenken.

Die Hymne war dem Landgraf gewidmet und gegen den württembergischen Landgrafen gerichtet. Dieser war über den Inhalt nicht erfreut.