Montag, 20. April 2020

Hölderlinjahr - Veranstaltungen 2020

Holderlinjahr 2020

Die württembergische Landesbibliothek Stuttgart zeigt zum Jubiläumsjahr ab 22. April eine Ausstellung "Aufbrüche -Abbrüche", die auf dem Hölderlin-Archiv der Landesbibliothek basiert, in dem sich insgesamt über 80 Prozent aller bekannten Hölderlin-Handschriften befinden. Diese Ausstellung wird anschließend auch in Straßburg zu sehen sein.

Der Literatursommer Baden-Württemberg steht in diesem Jahr unter dem Motto "Hölderlin und Hegel - 250 Jahre Sprache und Vision" und bietet von Juni bis Oktober rund 250 Veranstaltungen an 35 verschiedenen Orten.

Einen symbolischen Abschluss des Hölderlinjahres gibt es mit einer langen Hölderlinnacht am 7. November im Staatstheater Stuttgart.

Auch im europäischen Ausland gibt es ebenfalls Veranstaltungen zum Geburtstag Hölderlins: So startet beispielsweise Barcelona einen Wettbewerb und eine Ausstellung zu den drei Persönlichkeiten Hölderlin, Anne Brontë und Gianni Rodari. Ein Festival in Luzern im August widmet sich Hölderlin und Beethoven.

Samstag, 18. April 2020

»Brod und Wein« von Friedrich Hölderlin


Friedrich Hölderlins Leben ist die Geschichte eines Einzelgängers, der keinen Halt im Leben fand, obwohl er hingebungsvoll liebte und geliebt wurde: Friedrich Hölderlin. Als Dichter, Übersetzer, Philosoph, Hauslehrer und Revolutionär lebte er in zerreißenden Spannungen, unter denen er schließlich zusammenbrach. Erst das 20. Jahrhundert entdeckte seine tatsächliche Bedeutung, manche verklärten ihn sogar zu einem Mythos. Doch immer noch ist Friedrich Hölderlin der große Unbekannte unter den Klassikern der deutschen Literatur. Der 250. Geburtstag im März 2020 ist eine gute Gelegenheit, sich ihm und seinem Geheimnis zu nähern.

»Brod und Wein« von Friedrich Hölderlin ist eines der berühmtesten Gedichte von Friedrich Hölderlin.
Die Elegie »Brod und Wein« entstand etwa um 1800 und ist nach Rüdiger Safranski und nach meiner Meinung das vielleicht schönste Gedicht Hölderlins. Die erste von neun Strophen lautet:

»Rings um ruhet die Stadt; still wird die erleuchtete Gasse,
Und, mit Fackeln geschmückt, rauschen die Wagen hinweg.
Satt gehn heim von Freuden des Tags zu ruhen die Menschen,
Und Gewinn und Verlust wäget ein sinniges Haupt
Wohlzufrieden zu Haus; leer steht von Trauben und Blumen,
Und von Werken der Hand ruht der geschäftige Markt.
Aber das Saitenspiel tönt fern aus Gärten; vielleicht, daß
Dort ein Liebendes spielt oder ein einsamer Mann
Ferner Freunde gedenkt und der Jugendzeit; und die Brunnen
Immerquillend und frisch rauschen an duftendem Beet.
Still in dämmriger Luft ertönen geläutete Glocken,
Und der Stunden gedenk rufet ein Wächter die Zahl.
Jetzt auch kommet ein Wehn und regt die Gipfel des Hains auf,
Sieh! und das Schattenbild unserer Erde, der Mond,
Kommet geheim nun auch; die Schwärmerische, die Nacht kommt,
Voll mit Sternen und wohl wenig bekümmert um uns,
Glänzt die Erstaunende dort, die Fremdlingin unter den Menschen,
Über Gebirgeshöhn traurig und prächtig herauf.«


Literatur:

Gedichte
Sämtliche Gedichte und Hyperion
von Friedrich Hölderlin

Hölderlin



Blog-Artikel:

»Brod und Wein« von Friedrich Hölderlin - Gastbeitrag

Poetenwelt-Blog

Samstag, 11. April 2020

Friedrich Hölderlins Anbetung der antiken Götter


Friedrich Hölderlins Anbetung der antiken Götter hat mit seiner Weltflucht aus dem irdischen Leben zu tun.

Wo in der bürgerlichen materialistischen Gesellschaft seiner Zeit eine Ödnis vorherrscht und eine Flucht aus den Konventionen nicht möglich erscheint, müssen die Götter den Sinn bringen, welcher der Gesellschaft fehlt und diesen entbehrt.

Und so huldigt Hölderlin in seinen Gedichten und seinem einzigen Roman »Hyperion« um 1800 den griechischen Göttern der Antike.

Literatur:

Hyperion

Samstag, 4. April 2020

»Hälfte des Lebens« von Friedrich Hölderlin






Den Dichter Friedrich Hölderlin mussten zu der Hälfte seines Lebens in überaus wachem Zustande bereits dunkle Vorahnungen über sein weiteres - sich verfinsterndes - Leben ergriffen haben, denn dieses Gedicht klingt wie eine düstere Prophezeiung seiner zweiten, dunklen Lebenshälfte, welche der Dichter in einem Schattenreich in einem hellen Turm am Neckarufer in der Obhut eines Schreiners verbracht hat, der ein überaus begeisteter Anhänger seiner berühmtesten appolinischen Dichtkunst »Hyperion« war.




»Hälfte des Lebens« von Friedrich Hölderlin ist eines der berühmtesten Gedichte von Friedrich Hölderlin.


Das Gedicht von Friedrich Hölderlin erschien erstmals 1804 in Friedrich Wilmans »Taschenbuch für das Jahr 1805«. Während der Text zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch vielfach auf Unverständnis stieß, etablierte er sich durch die Aufmerksamkeit, die ihm beispielsweise Trakl, Celan, George oder Benn im 20. Jahrhundert widmeten, zur Lyrik von Rang.

Heute zählt »Hälfte des Lebens« zu den bekanntesten Werken Friedrich Hölderlins. Sein Gedicht ist die Klage eines Einsamen, eines Losgelösten, der weder einen Platz in der Welt noch bei Gott gefunden hat. Mit großer Intensität gelingen dem Dichter Worte, die die Ursehnsucht des Menschen nach Ganzheit, einer tiefen Verbundenheit von Geist und Körper, lyrisch fassen. Das eigentlich Bedrückende dieses Textes ist die Erkenntnis einer absoluten Trostlosigkeit, wie sie in Hölderlins Poesie selten so scharf herausgearbeitet wurde.

Sein Gedicht ist die düstere Prophezeiung seines künftigen Lebens im Elfenbeinturm. Es ist so, als hätte der Dichter
Hölderlin sein künfiges Schicksal bereits vorausgesehen. Die zweite Hälfte, psychisch krank, in sich verschlossen, verbrachte er in Tübingen, im Hölderlinturm: »Die Mauern stehn /Sprachlos und kalt, im Winde/klirren die Fahnen.«




Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

*****

Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.




Das Gedicht erschienen zuerst im »Taschenbuch für das Jahr 1805« zusammen mit acht anderen Gedichten Hölderlins unter dem Titel »Nachtgesänge«.

Charakteristisch für das Gedicht ist der unvermittelt bleibende Gegensatz, sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Der harmonischen geschlossenen Form und Bilderwelt der ersten Strophe steht die Zerrissenheit der zweiten Strophe gegenüber, die Zeilenlängen sind unregelmäßig, die Zeilen stehen mit der Satzgrammatik im Konflikt. Gegenüber der sich selbst genügenden Natur in der ersten Strophe ist das lyrische Ich in der zweiten Strophe rein beobachtend. Es hat an dieser Harmonie keinen Anteil außer dem des Anschauens.

Die elegische Selbstreflexion in der zweiten Hälfte des Gedichtes drückt das Gefühl äußerster Vereinsamung aus, die Dinge sind zu Zeichen erstarrt, die nichts bedeuten, nur Kälte und Starre ausstrahlen. Das lyrische Ich weiß nicht, wie es zur Welt steht, es ist auf sich selbst zurückgeworfen und verloren in seiner grundlosen Subjektivität.

Das Gedicht versucht nicht, die Trennung von Welt und Ich in einer höheren Idee aufzuheben, vielmehr wird die existentielle Heimat- und Ratlosigkeit des Menschen als Daseinsbefund offen gelassen. Darin steht das Gedicht außerhalb der ästhetischen Norm seiner Zeit: Es zeigt nicht jene Autonomie der Kunst gegenüber einer schlechten Wirklichkeit, von der aus dem Künstler die Versöhnung von Ideal und Leben im Reiche des ästhetischen Schein gelingt. Der Verfasser solcher Zeilen bleibt vielmehr im schmerzlich Empfundenen stecken, befreit sich nicht aus dessen Unmittelbarkeit und legt somit den Verdacht unzureichender ästhetischer Schaffenskraft, wenn nicht gar, wie wir sehen werden, nachlassender Geisteskraft, nahe.


Quellen:

Textquelle: [Stuttgarter Ausgabe] Friedrich Hölderlin. Sämtliche Werke. Hrsg. von Friedrich Beißner. Bd. 2. Stuttgart: Kohlhammer 1951. S. 117.

Rezension:

Friedrich Hölderlin: Hälfte des Lebens - https://www.zum.de


Literatur:

Gedichte

Sämtliche Gedichte und Hyperion von Friedrich Hölderlin

Hölderlin



Weblink:

Hälfte des Lebens - Deutschland-Lese - www.deutschland-lese.de

Blog-Artikel:

»Hälfe des Lebens« von Friedrich Hölderlin - Gastbeitrag

Poetenwelt-Blog


Friedrich Hölderlin Huldigung




Kaum ein anderer Dichter fordert die Künste und seine Leserschaft bis heute so heraus wie er. Mit seinen kühnen Sprachexperimenten, die keiner Strömung, weder der Klassik noch der Romantik, zuzuordnen sind, führte er die Dichtung in die Moderne.

Seine tragische Lebensgeschichte zwischen Genie und Krankheit spiegelt die politischen und kulturellen Kämpfe im Zeitalter der Aufklärung und der Französischen Revolution: um bürgerliches Selbstbewusstsein, Demokratie und Menschenrechte.

Während Hölderlin seinen Zeitgenossen als Außenseiter galt, feiern die Bundesrepublik und mit ihr die literarische Welt sein Jubiläum.

Der Literatursommer Baden-Württemberg steht in diesem Jahr unter dem Motto "Hölderlin und Hegel - 250 Jahre Sprache und Vision" und bietet von Juni bis Oktober rund 250 Veranstaltungen an 35 verschiedenen Orten. Die württembergische Landesbibliothek Stuttgart zeigt zum Jubiläumsjahr ab 22. April eine Ausstellung "Aufbrüche -Abbrüche", die auf dem Hölderlin-Archiv der Landesbibliothek basiert, in dem sich insgesamt über 80 Prozent aller bekannten Hölderlin-Handschriften befinden. Diese Ausstellung wird anschließend auch in Straßburg zu sehen sein.

Einen symbolischen Abschluss des Hölderlinjahres gibt es mit einer langen Hölderlinnacht am 7. November im Staatstheater Stuttgart. Im europäischen Ausland gibt es ebenfalls Veranstaltungen zum Geburtstag Hölderlins: So startet beispielsweise Barcelona einen Wettbewerb und eine Ausstellung zu den drei Persönlichkeiten Hölderlin, Anne Brontë und Gianni Rodari. Ein Festival in Luzern im August widmet sich Hölderlin und Beethoven.


Johann Kreuzer, Präsident der Hölderlin-Gesellschaft in Tübingen, sagte, Hölderlin habe noch immer weltweit eine ungebrochene Wirkung. So sei Hölderlin nicht nur Lieblingsdichter in Japan, sondern auch in China, wo beispielsweise bei manchen Hochzeitszeremonien Hölderlinsprüche verwendet werden. Auch in Südamerika sei der schwäbische Poet sehr gefragt.