Samstag, 4. Juli 2020

Die Gedichte Hölderlins

Die Gedichte Hölderlins



Die Gedichte Hölderlins zeugen von großer Sprache, hohem Gedenken und unerfüllter Sehnsucht. So dichtete er als graecomanischer Deutscher Hymnen etwa über den Neckar, den Rhein oder den Main und träumte derweil des Olymps oder griechischer Gestade am Ister. Tief unzufrieden mit der unpoetischen, amusischen Gesinnung seiner deutschen Geschwister ("So kam ich unter die Deutschen. (...) Barbaren von Alters her, durch Fleiß und Wissenschaft barbarischer geworden, tiefunfähig jedes göttlichen Gefühls, verdorben bis ins Mark") träumte er sich lieber als hellenischer Musenjünger im Gedankenaustausch mit einem nur in seiner Phantasie existierenden Freunde ("Bellarmin").

Er liebt die Gemahlin eines Bankiers in Frankfurt ("Susette Gontard" alias "Diotima"), in dessen Hause er als privater Hauslehrer arbeitet. Sie ist seiner idealisierenden Liebe nicht abgeneigt, verweigert jedoch aus bürgerlicher Sicherheitssucht die Scheidung. So wird er entlassen und muss am Ende bis nach Bordeaux gehen, um eine neue Anstellung zu finden. Dort schreibt er sein schönstes Gedicht: "Andenken" (anno 1804). Unvergessen ist seine Liebe, ungefunden der Sinn der Trennung, und Alles wird verzerrt und verschoben.

"Und über langsamen Stegen,
Von goldenen Träumen schwer,
Einwiegende Lüfte ziehen.

Es reiche aber,
des dunkeln Lichtes voll,
Mir einer den duftenden Becher,
Damit ich ruhen möge; den süß
Wär unter Schatten der Schlummer.
Nicht ist es gut,
Seellos von sterblichen
Gedanken zu sein."


Diese "sterblichen Gedanken" beginnen mit den Buchstaben 'S' und 'G' wie der Name der geliebten Susette Gontard. Vielleicht ist dies nur ein Zufall, aber bei Hölderlin scheint eigentlich nichts nur ein Zufall zu sein, denn:

"(...) Es nehmet aber
Und giebt Gedächtniss die See,
Und die Lieb' auch heftet fleißig die Augen,
Was bleibet aber, stiften die Dichter."


Ein als höheres Geschick dargestelltes Sein verhilft sogar der niederigen materiellen Armut eines in jeder ideellen Hinsicht verunglückten Deutschen zu göttlichen Ehren. Und das ist am Ende sogar gerecht, denn dieser darbende Dichter stiftete ja tatsächlich etwas schönes Bleibendes!



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