Samstag, 8. Juni 2024

Friedrich Hölderlins Sehnen hinaus die Welt (E)


Hölderlin drängte es aus der Enge der bürgerlichen Konvention in die ferne Welt hinaus. Er sehnte sich nach einer Harmonie zwischen Mensch und Natur, wie er sie in einem idealisierten Bild des alten Griechenland erblickte und für die Zukunft wieder erhoffte.

Griechenland war der Gegenentwurf der engen bürgerlichen Welt, in der Höldelrin sein Dasein fristete. Er brauchte Griechenland nicht als Fluchtort, sondern als Imaginationsraum, an dem er aufzeigen kann, welche entscheidenden Seinsqualitäten im Lauf des Geschichts- und Kulturprozesses verloren gingen und was die Zukunft wiederherstellen muss.

Verloren war für den Dichter vor allem die ursprüngliche ungeteilte Einheit allen Seins, die "durch Götternähe erfüllte" Epoche der Menschheit. Verloren ist ein Idealzustand, den die griechische Philosophie mit "alles ist eins" umschreibt.

Der moderne Mensch, so klagt der Hyperion, der Held des gleichnamigen Briefromans, ist auseinandergebrochen "und treibt hin und wieder seine Künste mit sich selbst, als könnt er, wenn es einmal sich aufgelöst, Lebendiges zusammensetzen, wie ein Mauerwerk." Die Beschwörung Griechenlands und seiner Götter setzt einen starken Kontrast zu diesem trostlosen Zeitbefund. Und sie zeigt, was einst war und wieder werden soll.

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